Der positive Krankheitsgewinn
Betrachten wir eine Krankheit aus psychologischer Sicht, so kennen wir dort den „positiven Krankheitsgewinn“, also neben all den Unannehmlichkeiten, die eine Erkrankung vordergründig mit sich bringt, gibt es auch einige Vorteile, die der Kranke nun genießt – wenn auch meistens unbewusst.
Diese Vorteile sind sehr häufig in mehr Zuwendung und Aufmerksamkeit oder auch in der langersehnten Ruhe zu finden, die der Kranke nun endlich bekommt. Daran ist gar nichts auszusetzen, denn wenn wir ehrlich sind, können wir manchmal bereits selbst ein kleines bisschen wahrnehmen, dass uns eine Erkrankung gar nicht so ungelegen kam, oder sie uns vor einer unangenehmen Situation quasi errettete. Offen zugeben würden wir das natürlich nicht...
Manchmal erscheint uns der Rückzug in eine Erkrankung sogar als einzige Möglichkeit, uns die Ruhe zu gönnen, die wir als dringend nötig empfinden, aber die wir uns aufgrund der vielfachen Anforderungen von außen ohne die gesundheitlichen Probleme vermeintlich nicht einfach nehmen können. Der Volksmund hat hier viele schöne Sprichwörter gefunden, die den Nagel oftmals auf den Kopf treffen.
Dass wir in unserer modernen Welt oft nur noch diese Reißleine ziehen können, um einmal Ruhe zu haben, spricht zwar nicht gerade für unsere moderne Welt, ist aber auch kein großes Problem. Denn wenn wir genug „positiven Krankheitsgewinn“ getankt haben, geht es auch schon wieder aufwärts, und wir werden wieder gesund.
Problematisch wird es da, wo wir die Vorteile, die uns eine Krankheit gebracht hat, nicht mehr aufgeben wollen. Das mag ein völlig unbewusster Prozess sein, der uns jedoch davon abhält, gesund zu werden, und die Krankheit chronisch werden lässt.
Nun sitzen wir in der Sackgasse. Einerseits wollen wir gesund werden, das sagt uns der Verstand. Andererseits soll alles so bleiben, wie es ist, das wünschen sich unsere Gefühle. Wollen wir aus diesem unbewussten Teufelskreis ausbrechen, ist es wichtig, einen Weg zu finden, den positiven Krankheitsgewinn zu erkennen und einen Weg zu finden das, was wir durch die Krankheit gewinnen, auch ohne die Krankheit erreichen zu können. Dann können wir innerlich loslassen, und uns mit voller Kraft auf den Weg der Genesung begeben.
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